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Filmbetrachtung: Nur ein einziges Leben

Tausende jüdische Kinder wurden während des 2. Weltkrieges über die Berge von Frankreich nach Spanien in Sicherheit gebracht. Der Film „Nur ein einziges Leben“ erzählt eine dieser Geschichten.

Der Film basiert auf dem Kinderbuch „Waiting for Anya“ von Michael Morpurgo und heißt auch im Original, wie das Buch.

Im Mittelpunkt steht der Junge Jo, der als Schäfer im Dorf die Schafe hütet erzählt diese Geschichte aus seiner Sicht viele Jahre später. Die Sicht eines Kindes. Im Dorf ist bis dahin alles, wie es war. Der Krieg scheint weit weg, bis hier die deutschen Besatzer einrücken. Viel ändert sich dadurch nicht. Man kommt mit einander aus. Die Geschäfte in den Läden laufen gut. Sogar Freundschaften bahnen sich an.

Zu diesen idyllischen Besatzungsbildern passt nicht, dass der Film mit einer Deportationsszene beginnt. Der Kreis schließt sich, als Jo im Wald, als er nach seinem Hund sucht, auf einen Fremden trifft. Der Fremde ist einer der Menschen aus der Anfangsszene. Ein Vater, der seine kleine Tochter vor der Deportation zu retten versucht, indem er sie auf dem Bahnhof Fremden Zivilisten in den Arm drückt: Benjamin.

Inzwischen ist Benjamin in den Pyrenäen bei seiner etwas eigenwilligen Schwiegermutter angekommen. Beide leben abseits des Dorfes, von Benjamins Existenz weiß bis dahin niemand – auch nicht, dass sie jüdische Kinder über die Pyrenäen in Sicherheit nach Spanien bringen. Das wird nun seit der Besatzung schwieriger, die Patrouillen durch die Deutschen in den Bergen werden dichter und auch Benjamin gerät in Gefahr. Doch Jo wird helfen.

Der Film, mit Starbesetzung wie Anjelica Huston (Schwiegermutter) und Jean Reno (Jos Großvater) hat im ersten Teil gelegentlich Längen. In diesen Längen richtet man sich ein, bis Bewegung ins Spiel kommt, die dann schnell zum Ende führt – des Filmes, nicht der Kinder. Gibt es ein Happy End? Jein.

Ein Film, der nur bei genauem Hinsehen Kritik übt und schnell den Eindruck hinterlassen kann, alle hätten geholfen. Gleichzeitig bemüht er sich zu zeigen, dass einzelne die Täter menschlich erscheinen, ihre Spielräume nutzen, und so auch ohne Worte helfen konnten. Mein Blick, der durchaus anders ist und sein muss, als derer, die nicht täglich mit diesen Themen arbeiten, ist vermutlich besonders kritisch.

„Nur ein einziges Leben“ ist ab 12 Jahren zugelassen. Für mich ist es eher ein Film für Kinder, da er aus Kindersicht erzählt wird und es um Kinder geht, mit zehn Jahren kann man ihn mit Sicherheit sehen. Doch es kommt Tod vor, Erschießungen. Es ist ein Film über den Krieg und über einen Genozid – auch, wenn dieser nur indirekt gezeigt wird. Die Entscheidung, inwieweit ein Kind darüber bescheid wissen soll und wann, können nur Eltern treffen. Es ist aber gleichermaßen ein Film, der Mut machen kann: Man braucht nicht reich und erwachsen zu sein, um „etwas zu tun“. Was es braucht, ist ein Herz und etwas Mut.

„Nur ein einziges Leben“ ist seit Mitte März auf diversen Filmträgern erhältlich und eine Abwechslung im Filmalltag.


Nur ein einziges Leben
Regie und Drehbuch: Ben Cookson
Nach dem Kinderbuch „Waiting for Anya“ von Michael Morpurgo
Mit: Anjelica Huston, Sadie Frost, Jean Reno, Noah Schnapp, Thomas Kretschmann
Erschienen in D: 11. März 2021


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Ein Kommentar

  1. Kai Kai

    Hi Juna,

    Ich fand den Film nicht schlecht, wenn auch aus anderer Perspektive.
    Es ging mehr um die Helfer und die Situation des Vichy – Frankreichs als um die Shoa um den Massenmord.

    Mit der „generellen“ Realität der Zeit, des Vichyregimes, hat der Film wenig zu tun. Für mich ist er eher mit einer der Geschichte zu vergleichen die mir mein Grossvater erzählt hat, persönlich eingefärbt, subjektiv, aus eigener Sicht.

    P.S.: Ich kenne keine kritischen französischen Filme, die das eigene mitwirken am bis dato größten Verbrechen der Menschen Geschichte (und feigsten) ernsthaft beleuchten.

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