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Buchbetrachtung: Das Leben ist an sich ist das geringste aller Übel

Was mir von diesem Jahr bleibt, ist vor allem eines: die Versprechungen, die es in sich trug, als das Virus unsere Welt verlangsamte, erfüllte sich nicht. Menschen pflegten ihren Sauerteig, begannen aufwändige Bastelarbeiten oder frönten komplexen anderen Hobbys. Nichts von dem gelang mir. Meine Hoffnung, die Zeit eines Lockdowns oder wie auch immer wir die Dinge nennen, erfüllte sich nicht. Ich habe wohl kaum so wenig gelesen, Zeit gehabt zu lesen, wie in diesem Jahr. Jetzt in den letzten Tagen des Jahres versuche ich es nachzuholen, versuche es. Endlich beendet habe ich nun heute „Das Leben an sich ist das geringste aller Übel“ von Erez Majerantz.

Ich las schon eine Weile darin herum. Ein schmales Buch, dass eine Sache von wenigen Stunden sein sollte. Doch leider versprach mir der Einband, die überaus schön gestalteten Seiten zu viel. Es war mir schwer, die neun Geschichten zwischen Endzeitstimmung, Krankheit und Resignation zu lesen. Es mag daran gelegen haben, dass sie dunkel sind, dass sie vielleicht in ihrem Pessimismus und in dieser dunklen Jahreszeit zu viel sind. Es mag sein, dass ich sie besser in einer Welt gelesen hätte, in der wir unbesiegbar schienen. Doch das sind wir nicht und waren es nie.

Vor allem aber fiel mir eines schwer: Von Übersetzer:in zu Übersetzer:in zu springen. So unterschiedlich sind die Texte, dass ich gelegentlich dachte, sie sind von verschiedenen Autoren geschrieben, wäre da nicht das sie einende Dunkle in der Sprache. Gelegentlich wünschte ich, das Original lesen zu können, was mir zumindest auf Ivrith versperrt bleibt.

Das Buch wirkt nach, wirkt nach heute und wirkte auch die anderen Tage als ich es weglegte, um ein anderes zu lesen. Ich kann nicht sagen, wem ich es empfehlen würde, ich kann auch nicht sagen, dass ich es nicht empfehlen würde. Nur, wenn man zu depressiven Verstimmungen neigt, sollte man dieses eine Buch liegen lassen. So schön und sorgfältig es auch gemacht ist.

Ein Blick auf das Angebot des Verlages aber lohnt mit Sicherheit, allein schon für das bibliophile Herz.


Erez Majerantz
Das Leben an sich ist das geringste aller Übel

Sieben Kurzgeschichten und eine Novelle
AphorismA Verlag, Berlin, 2020
116 S., Hardcover, 15,00 €
ISBN: 978-3-86575-077-8 Buchbetrachtung: Das Leben ist an sich ist das geringste aller Übel


Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag überlassen. ich erhalte keine Gegenleistungen für diese Zeilen.

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