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Buchbetrachtung: Das kostbarste aller Güter

Nichts mit Nazis – irgendwann sagte das eine liebe Kollegin über ihre Lektüre zuhause. Nichts mit Nazis lesen, ist ein gutes Mittel, ist man tagtäglich beruflich mit ihnen beschäftigt. Auch ich versuche, dem nachzukommen. Nicht immer gelingt es. Doch ziemlich oft. Irgendwann lag „Das kostbarste aller Güter” von Jean-Claude Grumberg in meinem Briefkasten und einige Wochen auf meinem Nachttisch.

Nichts mit Nazis scheint in diesem Jahr noch wichtiger. Ich konnte mich nicht dazu bringen, es zu lesen. „Ein bewundernswerter Text über die Shoah …” steht auf dem Buchrücken. Nichts mit Nazis – bis heute. Ich las es in einem durch. Es ist nichts mit Nazis – oder doch?

Ein Märchen über eine dunkle Welt, vielleicht wahr, vielleicht auch nicht. Ein Märchen, das die Shoa beschreibt. Kein einziges Mal fügen Buchstaben das Wort “Jude” zusammen, keine Buchstabenfolge “Auschwitz” und doch, doch versteht man, welche Geschichte hier erzählt wird, als Märchen. Märchen, die wir glauben, doch immer ein glückliches Ende nehmen. Tun sie das wirklich? Hat jemand je hinter das “lebten glücklich bis an ihr Ende” geschaut, jemals jemand gefragt, ob die “Befreiung”, das Überleben noch ein Leben war oder ob das Wörtchen über eine ganz andere Deutung haben könnte?


“Das kostbarste aller Güter” ist ein Märchen, es erzählt ein Wunder, das es gegeben haben kann oder auch nicht. Sätze wie

“In den plombierten Wagons ging die Menschlichkeit zugrunde. Und die Menschheit schien das gleich zu sein.”

Jean-Claude Grumberg, Das kostbarste aller Güter, S. 102

lassen einen Rahmen darum, bleiben und lassen hoffen, dass irgendwo doch ein Kind aus einem dieser Züge gerettet werden konnte und ein neues Heim fand, in dem es geliebt wurde, geliebt werden durfte.

Die Illustrationen von Ulrike Möltgen allein verstehen, Geschichten zu erzählen, ohne sie laut und plakativ in die Welt zu rufen. Text und Illustrationen vereint in diesem Buch, mach es zu einem, ich möchte fast sagen, perfektem Ganzen.

Nichts mit Nazis – und doch irgendwie. Danke, dass ich es lesen durfte.

Die Liebe ist es, die trotz allem, das existiert, und allem, das nicht existiert, die Liebe ist es, die macht, dass das Leben weitergeht.

Jean-Claude Grumberg, Das kostbarste aller Güter, S. 131


Jean-Claude Grumberg
Das kostbarste aller Güter
Ein Märchen
Mit Illustrationen von Ulrike Möltgen
136 Seiten | 14,2 x 21 cm
geb., Hardcover | durchgehend illustriert
ISBN 978-3-96428-073-2 Buchbetrachtung: Das kostbarste aller Güter
€ 16,- | € 16,50
Verlagshaus Jacoby Stuart, Berlin


Disclaimer: Ich habe das Buch kostenlos vom Verlag erhalten, ohne, dass eine Gegenleistung gefordert wurde.

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