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Lockdowng’ttesdienste in Berlin

Im Pressefotowettbewerb des Landes NRW gewann Kerstin Kokoska mit diesem Bild den zweiten Preis. Es zeigt einen Imam allein in seiner Moschee vor Übertragungsequipment für einen Livestream. Für mich ist es der erste Preis, denn er zeigt, wie selbstverständlich andere Communities mit Lockdowns, Gefährdungen und überhaupt dieser „so besonderen“ Reaktion umgingen: unaufgeregt und pragmatisch. So pragmatisch wie ideensprühend, dass es kaum auffiel und wohl als selbstverständlich hingenommen wurde und wird.

Meine persönliche Irritation in Hinblick auf die Weihnachtsfeiertage und die umfassenden Diskussionen dazu durfte ich auch bei radioeins zum Beginn Chanukkas loswerden. Doch seit dem ist einiges passiert: Wir haben einen sogenannten „harten Lockdown“, der noch immer im Vergleich zu anderen europäischen Nachbarn den Namen nicht verdient. G’ttesdienste der verschiedenen Religionsgemeinschaften dürfen weiter – unter den Hygienevorgaben natürlich – fortgeführt werden.

Für die sonst gut besuchte und viel beworbene Entzündung des ersten Lichtes an der Chanukkia am Brandenburger Tor wurde eindringlich gebeten, zu Hause dabei zu sein: Zusammen aber getrennt, wie Rabbiner Teichtal es mehrfach sagte.

Die Synagoge Oranienburger um Gesa Ederberg sagte alle G’ttesdienste zu Beginn dieser Woche ab, es gibt weiter Onlineangebote. Am Dienstag folgte die Nachricht der Synagoge Pestalozzistraße, dass auch vorerst nur Online-G’ttesdienste anbieten werden. Rabbiner Sievers fand dafür die, wie ich finde, richtigen Worte, die ich hier gern zitieren möchte:

… das Grundgesetz garantiert in Art. 4 die positive und negative Religionsfreiheit. Der hohe Verfassungsrang – sowie wahrscheinlich die kommenden christlichen Feiertage – haben wohl die Politik davon abgehalten, wie im Frühjahr G’ttesdienste komplett zu verbieten. Ein Recht zu haben, bedeutet aber nicht, es unter allen Umständen auch zu nutzen.

Rabbiner Jonah Sievers, 15, Dezember 2020

Bis zum vorerst 10. Januar wird es in der Synagoge leer bleiben. Rabbiner Sievers betont Pikuach Nefesch mit der Bitte, die Kontakte weiter einzuschränken.

Für mich persönlich stelle ich fest, dass meine Bindung an meinen Glauben und auch an die deutschen Gemeinden in diesem Jahr gewachsen ist, allein schon durch das durch diese Schritte vergrößerte Vertrauen. Ich bin dankbar dafür.

Mich würde interessieren, wie es bei Ihnen aussieht, außerhalb Berlins oder für die Berliner:innen: Wie sehen Sie die Entscheidung?

Was ich mir für meine Freund:innen wünsche, die Pfarrer:innen sind (und gerade zu dieser Zeit, denke ich viel an Euch), dass Ihr bald Gewissheit habt, wie Weihnachten für Euch sein wird. Ganz ungefragt wünsche ich Euch auch, dass Ihr, die Ihr sonst jedes Weihnachten einen Marathon von Kirche zu Kirche hinlegen müsst, vielleicht doch einmal ein Weihnachten feiern könnt in Stille und vielleicht auch ohne Angst oder Bedenken. Und auch den nicht professionellen Christ:innen wünsche ich ein Weihnachten, dass Ihr als Weihnachten sehen könnt. Anders vielleicht, aber es muss nicht schlechter sein.


photo credit: eldan sanctuary via photopin (license)

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