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Rechter Terror und Gewalt in West-Europa 1990-2019 die Studie des C-Rex Center, Oslo

Das C-Rex Center ist ein interdisziplinäres Zentrum zur Untersuchung von Rechtsextremismus, Hasskriminalität und Gewalt. Ende Juli ist die neue Studie erschienen, die sich mit den Vorfällen rechter Gewalt in Westeuropa 2019 beschäftig. Eines gleich vorweg: Deutschland ist Spitzenreiter und wird als Hotspot rechter Gewalt bezeichnet.

In der Studie, die man hier als PDF runterladen kann, analysieren die Autor:innen Jacob Aasland Ravdal, Sofia Lygren, Anders Ravik Jupskås und Tore Bjørgo die Entwicklung der rechten Gewalt seit 1990 und ihre Zusammenhänge mit Angriffen außerhalb Europas. Sie ziehen einen Zusammenhang zwischen „Manifesten“ von Tätern und deren Beeinflussung auf andere Menschen, die es ihnen gleichtun wollen. Eine der Gründe, warum ich mich dagegen wehre, dass Teile dieser Pamphlete auch im Nachhinein noch gern geteilt werden. Auch, wenn die Morde, wie auch in der Studie angemerkt, oft im Vorfeld angekündigt werden und somit in einschlägigen Kreisen vieles zu erhalten ist, muss man dem nicht noch mehr Vorschub bieten.

Ganz besonders Augenmerk richten die Autor:innen auf Deutschland, das mit weitem Abstand in den Gewaltakten mit rechten Hintergrund in Europa vorausgeht, aber auch auf Spanien und Griechenland.

Rechter Terror und Gewalt in West-Europa 1990-2019 die Studie des C-Rex Center, Oslo
Alle Fälle rechter Gewalt 2019. Tötlich in blau, nicht tötlich in rot.

Auch die Frage der Einzeltäter:innen vs. Organisationen wird behandelt. Wobei letztere rund 25% der Taten ausmachen. Es scheint dennoch, so die Studie, dass Gewaltakte von Gruppen bzw. Gangs eher eine Sache der 90er Jahre waren. Allerdings weiß man bei zu vielen Akten nicht, ob sie zu Einzel- oder Gruppentäter:innen zuzuordnen sind.

Die Autor:innen definieren 5 verschiedene Zielhauptkategorien der rechten Gewalt in Westeuropa:
1. ethnische und religiöse Minderheiten.
2. politische Gegner:innen
3. staatliche Institutionen
4. sexuelle Minderheiten (LGBT+)
5. verletzbare Gruppen wie u. A. Obdachlose

Bereits in der Zusammenfassung der Studie liest man:

Although one fatal attack in 2019 – the Halle attack – targeted the Jewish community initially, Muslims were the most frequently attacked religious mintority in Western Europe.

RTV Trend Report 2020, C-REX, Oslo, Key point summary

Ein letztes ausführliches Kapitel wird den Angriffen auf Politiker:innen gewidmet.

According variations of these therories , Western governments are also – knowingly or unknowingly – serving the interests of the Jews or the Islam, facalitiating malicious strategies for achieving world dominance.

RTV Trend Report 2020, C-REX, Oslo, S.22

Die Autor:innen gehen hierbei auf „Auslöser“ dieser Angriffe ein. Sie zählen 25 nicht tödliche aber schwere Angriffe auf Politiker:innen zwischen 1990 und 2015. Die drei tödlichen Angriffe in Groß Britannien, Deutschland und Norwegen sind, so wird hervorgehoben, erst ab 2010 durchgeführt wurden und zielten auf Menschen, die Immigration durch Menschen anderer Religion oder Kultur zuließen. Auch hier wird betont, dass Deutschland hervorsticht durch die meisten schweren Angriffe, d. h. Morde und versuchte Morde.

In ihrer Zusammenfassung geben sie Empfehlungen, auf zwei Punkte besonders Acht zu geben:

…, there is a need to pay particular attention to risk factors associated with vulnerable individuals‘ interaction with extrimist ideologies found on websites and social media.
A second trend that has been unfolding while this report has been drafted is the far right’s reaction to the coronavirus crisis, which currently poses a much mor imminent threat to Western societies than right-wing terrorism does.
Therefore, there is a need to monitor these conspiracies as they unfold in order to better predict and protect likely targets of such attacks.

RTV Trend Report 2020, C-REX, Oslo, S. 24-25

Persönlich bin ich nach mehreren Jahren desillusioniert genug, als dass ich nicht mehr viel erwarte. Die Gesellschaft, unsere, ist auf dem rechten Auge blind. Das ist keine Neuigkeit. Einen schwachen Hoffnungsschimmer scheint es nun für die Menschen in Neukölln zu geben, die sich gegen rechts stellen. Die Generalstaatsanwältin Berlins hat die Ermittlungen übernommen, die bisher erstaunlich wenig erbrachten. Zwei Staatsanwälten, die bisher beauftragt waren, wird Voreingenommenheit unterstellt, nachdem man Telefongespräche abgehört hatte. Wer in Berlin jemals Anzeige z. B. wegen Antisemitismus erstatten musste, wird sich nicht wundern.

So sind die Ergebnisse der norwegische Studie keine Überraschung, ganz besonders nicht für die Einrichtungen, die sich tagtäglich mit diesen Themen befassen. Doch vielleicht, ganz vielleicht, hat man in den entscheidenden Stellen nun doch etwas Angst um das geschädigte Ansehen Deutschlands und investiert mehr als bisher – Stichwort immer wieder: NSU. Auf Mitgefühl, im Sinne des Gefühls haben wir zulange gewartet. Das gibt es nicht.

Indess, mir fehlt der Glaube.


Die Studie „Right-Wing Terrorism and Violence in Western Europe, 1990-2019 zum Download als PDF.

Foto: Rechtsextreme Fahnen während einer Demonstration, 4. April 2017, Juna Grossmann

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