Im Jahr 1960 begab sich John Steinbeck auf eine Reise „Auf der Suche nach Amerika“, einziger Begleiter: Sein Pudel Charley. Was zunächst als unterhaltsam gemütlicher Roadtrip erscheint, ist doch viel mehr.
Als ich ein Kind war und ein Buch ausgelesen hatte, ging ich zu meiner Mutter, um eine neue Leseidee zu bekommen. Manchmal wurde ich nicht warm mit den Büchern, manchmal entfesselten sie neue Leidenschaften und manchmal kehre ich zurück. So beschloss ich vor zwei Jahren, wieder die Namen aus dem Bücherregal zu lesen. In diesem Jahr war kaum Zeit zu lesen, kaum Muße, Pause, Besinnung. Ich suchte nach etwas „zum Einschlafen“ – nicht im negativen Sinne, wie es klingen mag. Ich suchte ein Buch, das mir die Nervosität des Tages nahm, mich ruhig in andere Welten entführt und mich irgendwann auch schlafen lies.
Steinbecks „Reise mit Charley“ schien so ein Buch. Ich mag Reisebeschreibungen, ich mag die Geschichten von Begegnungen mit Orten und Menschen, die nicht in den Touristenführern unserer Tage zu finden sind. Das wirkliche Reisen, es ist heute wohl kaum noch zu finden in seiner Hektik, schnell zum nächsten angesagten Ort zu kommen, die Liste abzuarbeiten, man will ja nichts verpasst haben. Selten bleibt Zeit für ein links und rechts des Weges. Anders ist es hier. Das Gefährt selbst gebaut, der Hund nicht mehr ganz gesund und das Wetter nicht immer wunderbar. Steinbeck entführt uns in die Welt seines Amerikas und ist sich selbst nicht mehr ganz sicher, ob es das ist, ob es das gibt. Es erscheint wie ein Tagebuch der Reise, die irgendwann mittendrin endet. Nicht, weil das Auto liegenblieb. Sie endet im Autor selbst. Erinnere ich mich an meine Reisen, so kenne ich die Momente, nach denen ich mich nicht mehr erinnern kann an Details, an Orte. Es war nicht das Buch, das ich suchte, es war besser. Es war nachdenklich für ein Amerika Anfang der 60er Jahre und noch nachdenklicher für eine Welt von heute. Was hat sich geändert am Rassismus? Was hat sich geändert in diesem Land? Was in der Welt?
Ein Buch das, wie so viele seiner Zeit, heute nichts an Aktualität verloren hat.
„Wenn Menschen etwas tun, auf das sie nicht stolz sein können, dann sind sie nicht scharf auf Zeugen. Ja, sie meinen schließlich sogar, die Zeugen seien die Urheber ihres Übelstands.“ John Steinbeck, Die Reise mit Charley
Der Sender arte folgte vor ein paar Jahren auf der Literatour der Zeit und den Wegen. Es lohnt sich, die Sendung (und die anderen Literatouren) zu suchen.
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