So habe ich es mir schon vor längerem vorgenommen. Was jetzt wie ein Kalenderspruch erscheint, ist ein rein praktischer Gedanke: Fotografie im Winter ist schwierig, ganz besonders, wenn man Fotografie wie ich betreibt: keine tausendfachen Isozahlen, kein Blitz, nichts. Und ja, natürlich lässt sich das Erweitern in andere Bereiche und vielleicht ist das Denken darüber auch schon heilsam. Doch angefangen hat alles mit Fotografie.
Vielleicht schon zu Beginn dieses Winters stellte ich mir die Frage, wie ich ihn überstehen soll: das berliner Dunkel, das Grau, das alles. Im Winter aber gibt es einige Minuten, die das Licht, in die Küche, gar in mein Büro scheinen lassen. Beide Räume sind qua Lage keine natürliche Lichtumgebung. Im Büro schalte ich ganzjährig Licht an. Zu tief die Decken, zu klein die Fenster – doch im Winter reflektiert an wenigen Minuten des Tages das Haus gegenüber in mein Büro, lässt Schatten meiner Pflanzen, auf der Wand erschienen, bringt Licht in Ecken, die es sonst nicht erreicht. Wenn es Frühling wird, sterben diese Reflexionen und nur noch spät am Tag schafft es die Sonne, mit ein paar Strahlen hineinzufühlen.
Ich begann zuhause konzentrierter zu beobachten, das Licht zu jagen. Auch hier scheint das Glück der Reflexion an manchen Morgen hinein, bestrahlt die Gläser im Küchenregal. Licht wieder, wo sonst keines ist. Jetzt da es abends heller wird, endlich, geht die Sonne weiter Richtung Westen unter und abends schaffen es ein paar Strahlen bis auf den Küchenboden an der Tür.
Das Beobachten begann mit der Kamera in der Hand, Belichtung nur auf das Licht. Ich wollte Aufnahmen machen. Das beruhigende Gefühl einer Kamera hilft, auf das Nötigste zu fokussieren, hilft auch, den Blick zu konzentrieren, wenn er sonst zu weit ist, zu viel sieht. Im Winter nun also, wenn das Licht so selten ist, jage ich ihm nach. Beobachte die Schatten, die Strukturen der Glasscheiben in den alten Fenstern. Mein Blick wird geschärft.
Kann man das ausweiten? Man muss, ich muss. Ich weigere mich, meinen Blick nur auf Schlechtes zu legen, nur Dinge zu sehen, geeignet, mich aufzuregen, verzweifeln und hadern zu lassen. Das ist ein Luxus, den sich nur Menschen leisten können, zu denen das Schlechte nicht ohne Einladung kommt, die Abstand nehmen können, es von außen betrachten, kurz, die nicht betroffen sind. Das hat nichts damit zu tun, dass ich es nicht sehe, wahrnehme. Ich habe keine Wahl. Ich will nur nicht in ihm versinken. Also versuche ich auch im Leben, den Blick zu schärfen, das Licht zu sehen und es ungleich schwieriger. Ich kann nicht vertrauen darauf, dass die Sonne wiederkommen kommen wird. Aber irgendwo sind diese Lichter. Man kann das üben, wie mit der Kamera. Es erscheint nur an manchen Tagen ungleich schwerer.
Fotos: alle Juna Grossmann:
1. every ray of light
2. a ray of light
3. first winter light
4. a rare guest
5. Do you remember this light?
Kameras: Bessa R, Linhof 220, Contax S2b, original Olympus Pen F
Schreibe einen Kommentar