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Buchbetrachtung: Vati von Monika Helfer

Manche Bücher gehen allein schon wegen des Covers mit und andere Bücher, weil sie versprechen, dass sie vom Leben erzählen. Beides war der Fall bei Monika Helfers “Vati”.

Es ist das erste Buch, das ich von der Autorin las. Ich las es schnell, fast in einem Zug, was ein gutes Zeichen ist – zumindest für mich. Monika Helfer beschreibt das Leben ihres Vaters, der möchte, dass man ihn Vati nennt. Es klänge so modern. Sie nimmt die Lesenden mit auf ihre Suche, die Puzzleteile zusammenzufügen, Gespräche mit ihren Schwestern heute über Erinnerungen, die sich naturgemäß unterscheiden, sind ebenso Bestandteil des Romans, wie die lebhaften romantischen Rückblicke des Kindes Monika an die glückliche Welt oben auf dem Berg, auf dem sie in einem Behindertenversehrtenheim aufwuchs. Die wunderschönen Bilder, die, wie es so oft ist, in der Realität des erneuten Besuchs im Erwachsenenalter nicht mehr das ist, was das Gehirn einem erzählte.

Es ist aber und vor allem die Geschichte, eines gebrochenen Lebens, ein Leben, das nicht gelebt werden konnte, wie es einst die Wünsche vorhersagten oder träumten. Kurz vor der Matura wird der Vater zum Kriegsdienst eingezogen, überlebt schwer verletzt, heiratet schnell und wie so oft, die Frau, die ihn im Lazarett pflegte. Eine Geschichte wie viele. Hier allerdings aber mit Liebe, die erst zerbricht, als diese Frau stirbt und mit der Liebe der Mann.
Es ist die Zeit, in der ein Vater, selbst, wenn er in seiner Trauer stabil bliebe, seine Kinder nicht allein erziehen durfte. Die Zeit, in der vier Geschwister aufgeteilt wurden, mit Glück unter Verwandten und sich so dennoch verloren.

Gibt es ein Happy End? Was soll es sein? Der Vater, der Bücher mehr als alles liebte, hatte Momente des Glücks an seinem Lebensende und er hatte die Ehrlichkeit, seinen Kindern zu sagen, dass er lieber ein anderes Leben gelebt hätte, ein Leben ohne sie. Dieses Geständnis entzweit nicht, lässt es verstehen.

Er macht niemanden mehr etwas vor und dafür mag ich dieses Buch: die Ehrlichkeit. Es ist die Geschichte einer Generation, ja mehrerer auf diesem Kontinent. Eine Geschichte, über die wenig gesprochen wird und doch gesprochen werden sollte. Die Auswirkungen von Kriegen werden schnell vergessen. Es ist mehr, als das Physische, viel mehr. Sie sind da, und sie hinterlassen ihre Spuren noch lange, nachdem die Schlachten beendet sind.

Bei Lesen musste ich oft an Robert Seethalers “Ein ganzes Leben” denken, dass ich nicht sonderlich mochte. Es war ok und es mag sein hatte, dass ich bei aller Begeisterung zu viel erwartetet. Dieses Buch “Vati” scheint mit realistischer zu sein, ist es mir näher, berührt mich mehr, auch, wenn das Ende scheinbar plötzlich kommt.


Ich mag es und empfehle es gern.


Vati
Monika Helfer
Hanser Literaturverlage, München
ISBN: 978-3-446-26917-0
176 Seiten, gebunden
Euro 20,00,
E-Book 15,99 €

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