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Übertritt für Vaterjüdinnen und Juden

Der Status von so genannten Vaterjüdinnen ist ein Status zwischen Welten. Im traditionellen Judentum werden sie nicht anerkannt, denn nur jene sind Juden, die eine jüdische Mutter haben. Das interessiert vom Hass verblendete Menschen reichlich wenig.

Gerade aus der ehemaligen Sowjetunion sind viele Jüdinnen geflohen und ausgewandert, da sie dort noch immer per Pass als Juden gekennzeichnet und benachteiligt werden. Angekommen in der vermeintlichen Freiheit werden sie von den meisten Gemeinden nicht anerkannt, da sie eben halachisch (nach dem jüdischen Gesetz) keine Jüdinnen sind. So kann man zwar auch per Rückkehrergesetz nach Israel auswandern, wird dort aber auch vor Probleme gestellt, darf man zwar dort leben, aber nicht heiraten etc. Wie sich also der Sache annehmen?

In Deutschland gibt es nun die Möglichkeit für Jüdinnen vor allem aus dem russischsprachigen Raum, auch offiziell als Jüdinnen zu gelten, so sie sich als solche sehen. Die Nachricht kam sehr kurzfristig, denn bereits heute beginnt das einjährige Programm, das Wochenendseminare in Berlin umfasst und Ende August mit einem Bet Din (jüdisches Gericht) beendet werden soll.

Die Voraussetzungen sind wie bei jedem Übertritt nicht leicht zu erfüllen und genau hier liegt m.E. die Crux.

 • Jüdischer Vater (nachweislich).

• Empfehlung durch die Heimatgemeinde und Bestätigung, dass eine Mitgliedschaft in der Heimatgemeinde nach dem Giur zugesagt wird.

Schwierig. Noch immer weigern sich viele Gemeinden, überhaupt Giurim anderer Gemeinden oder Strömungen anzuerkennen. Eventuell gibt es doch Kooperationen?

• Wenn verheiratet oder Kinder vorhanden sind: Unterstützung durch den Partner. Bei Frauen mit jüdischem Vater und nichtjüdischer Mutter: Gleichzeitiger Übertritt der minderjährigen Kinder.

• Erfolgreiches Aufnahmegespräch mit dem/r Gemeinderabbiner/in oder einem/r Rabbiner/in des Machon le-Giur.

Wieder schwierig. Gerade in der Kurzfristigkeit. Ich hoffe, wie oben erwähnt, dass es Kooperationen mit Rabbinerinnen und Rabbinern in Deutschland gibt, die dieses Programm unterstützen.

• Bereitschaft, zu fünf Terminen nach Berlin zu fahren. Bereitschaft zu intensivem selbständigem Studium gemäß des Curriculum.

• Teilnahme an den Gottesdiensten und anderen Aktivitäten der Heimatgemeinde.

 

 

Fazit:

Ich freue mich über diesen Schritt durch Masorti Deutschland. Es war längst überfällig. Ich würde mich freuen, wenn der Blick weniger nur auf russischstämmige Jüdinnen fallen würde und man eventuell hier keinen Unterschied mehr machen würde. Da das Programm vom Zentralrat unterstützt wird, hoffe ich ebenso auf Langfristigkeit.
Ich würde mich weiterhin freuen, wenn die jüdische Gemeinschaft, sich der Frage Vaterjüdinnen generell annehmen würde. In Zeiten von Vaterschaftstests müsste man über den Passus generell nachdenken und seine Aktualität überprüfen.

Mehr Informationen als PDF gibt es hier auf Deutsch und hier auf Russisch.

 

Foto: Sarah Schechter, U.S. Air Force Rabbi

7 Kommentare

  1. Weil es mich seit einiger Zeit interessiert: Können Sie mir eine Einführung zum jüdischen Glauben (auf Deutsch oder Englisch) empfehlen? Sie sollte die historische Entwicklung (Beginn der Diaspora bis heute), die verschiedenen Strömungen und die Position zum Staat Israel darstellen. Für einen solchen Tipp wäre ich Ihnen sehr dankbar.

    • Hmm, schwierig so alle Themen in einem. Ich finde die 99 Fragen zum Judentum von Walter Rothschild ganz gut für den Anfang. Ich mag von Leo Trepp die beiden Bücher Die Juden und Geschichte der deutschen Juden. Oder noch kompakter den Schnellkurs Judentum von Monika Grübel. Das wäre jetzt so, was mir auf Anhieb einfallen würde.

      • Herzlichen Dank! Ich habe Ihre Antwort erst jetzt gesehen, sonst hätte ich Ihnen früher gedankt. Ich schaue mir die Titel einmal an; ich bin bei meiner Suche auch über Paul Spiegels Buch „Was ist koscher?“ gestolpert – meine nächste Zuglektüre! ?

        • Spiegel ist auch eine gute Wahl. Hatte ich ganz vergessen.

  2. Robert Dupuis Robert Dupuis

    Liebe Juna,
    patriliniare Juden können ihren Giur auch bei uns, der Unabhängigen Synagogengemeinde Bet Haskala Berlin, machen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite: http://bethaskala.de/Synagoge/Giur/
    Kontaktaufnahme zu unseren Vorstand und unserem Rabbiner Konstantion Pal kann über diesen Link erfolgen: http://bethaskala.de/Kontakt/
    Chag sameach
    Robert Dupuis

  3. Harald David Gollin Harald David Gollin

    Alles schön und gut – aber nur gut, wenn du nach Israel nie und nimmer gehen möchtest. Dort hält der Staat eisern an der Orthodoxie fest, und egal ob dein Vater Oberrabiner oder Eskimo war, sofern deine Mutter keine Jüdin war, bist du es auch nicht ! Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, es sei denn, du unterwirfst dich dort einem offiziellen orthodoxen Giur-Prozess. Das gilt für jeden anderen Nicht-Juden unterschiedslos ebenso. Und wenn du dann irgendwann mal mit deiner Giur-Urkunde in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin rumwedelst wird dir das auch noch nichts nützen, weil niemand dort (vielleicht Ausnahme der Rabbiner) einen einfachen hebräischen Text lesen könnte – denn da müsstest du vorher erst mal einen vereidigten Übersetzer oder Dolmetscher bezahlen, damit irgend eine russischstämmige Verwaltungsdame solch ein Papier gnädig zur Kenntnis nehmen würde. Also, ob du dir einen solchen unwürdigen Prozess aufhalsen möchtest, musst du schon selbst entscheiden. Falls ja, na viel Glück und Erfolg und Zufriedenheit !

    • Sie scheinen sehr frustriert zu sein. Das tut mir leid. Ich vermute, Sie haben entsprechende Erfahrungen gemacht. Dennoch, jedem steht es offen, seinen Weg zu finden. Er oder sie geht mit Sicherheit nicht blauäugig in einen solchen langwierigen Prozess, er oder sie wird über die Konsequenzen, die Probleme, die auftreten werden aufgeklärt werden. Und letztlich gibt es auf der Welt mehr als Israel und Berlin. Ich hoffe, dass Sie Ihren Ärger eines Tages ablegen können.

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