Ich weiß nicht, ob es an der Pandemie lag, dass dieses Haus nun mehr Kochbücher besitzt. Vielleicht ja, vielleicht nein. Auf „jew-ish“ stieß ich allerdings nicht auf einer Suche. Im Gegenteil, meine jüdischen Kochbücher sind beim letzten Umzug in ein anderes Haus gewandert und nein, ich habe auch nie „Jerusalem“ von Ottolenghi gekauft.
„Jew-ish“ war ein Spontankauf. Es versprach beides: Jake Cohen „erfindet das Essen seiner ashkenasischen Herkunft neu und lässt sich dabei von den persisch-irakischen Traditionen seines Mannes inspirieren“. Das war es vielleicht, was ich suchte. Hierzulande wird „jüdische Küche“ heute meist nur noch als Hummus und Fallafel verstanden, oder nun ja, israelische Küche. Nun kann man, bzw. ich auch nicht guten Gewissens Gefilte Fisch empfehlen. Es bisschen mehr Pepp darf es sein, solange mir niemand (Veganer und Vegetarier seien vorgewarnt) niemand in die Hühnersuppe spuckt.
Die Bildvorschau versprach Mengenangaben auch in mitteleuropäischen Maßen, also gewagt und bestellt. Ich irrte, oh, wie ich mich irrte. Jakes Sammlung für diese Rezepte entstanden in seinen Schabbat-Dinner, das Kochen für die Lieben – und das in Mengen. In für einen zwei-Personen-Haushalt großen Mengen. Also da schon mal runter gerechnet. Eine App für die Umrechnung aus amerikanischen Maßen besorgt, alles ok, nicht so wild. Aber Moment, wenn Maße in Gramm oder Litern angegeben sind, dann passen sie nicht zu den Umrechnungen. Was bleibt: schätzen und improvisieren. Kardomon-Birnen-Kugel geht auch ohne genaue Maße, Jakes Challa-Rezept auch, irgendwie geht alles, es braucht eben länger. Und ja, ich liebe die Rezepte, die eben doch etwas anders sind. Von durchaus traditionell bis neue Welten.
Die Kapitel sind nach Essenart unterteilt: Frühstück, Appetizer und Snacks, Salate, Gemüse, Carbs, Suppen, Hauptgerichte, Desserts und was man nie vergessen sollte: Drinks. Im Prinzip also alles, was man für ein gutes Abendessen braucht. Dazu gibt es auch Zusammenstellungen z.B. für Rosch Haschana, Jom Kippur Frühstück, Chanukka und Pessach. Aber Obacht, es ist kein Kochbuch für die koschere Küche. Wer darauf Wert legt, oder diese lernen will, ist hier falsch. Zwar erwähnt Jake durchaus, welche Zutaten man austauschen sollte, wenn man glatt koscher kochen will ist man allein schon geografisch auf andere Zutaten angewiesen.
Was ich persönlich sehr mag an diesem Buch: Es ist die Normalität und Unbefangenheit. Das Testen, das manchmal vielleicht nicht so perfekte und das Leckere. Die aschkenasische Küche steht in der Tat in Vordergrund, wird in diesem Buch aber z.B. mit Mast-o-Kiar (persische Gurken-Joghurt-Soße) oder irakischem geröstetem Lachs perfektioniert. Die Mischung macht es, auch beim Kochen. Ja, auch der geröstete Blumenkohl ist in anderer Variation dabei und Klassiker wie Latkes, Babka, in diversen Varianten oder Schakschuka mit Wodka.
Interessant ist, dass auch die entsprechenden Segenssprüche mit Alternativen angegeben sind. Jake selbst schreibt dazu, dass Kerzen, Wein und Brot dazu gehören – wie auch in Restaurants. Nur dass diese Dinge im Zusammenspiel mit Schabbat eine andere Bedeutung haben können, die Segenssprüche sind für ihn Möglichkeiten darüber zu nachzudenken. Er gibt dem Freitag Abend mit Freunden und leicht abgewandelten eigenen Ritualen seine Bedeutung und kann dazu inspirieren, das selbst zu tun: etwas Besonderes nach der stressigen Woche, mit Freundinnen und Freunden oder allein mit den Liebsten. Was auch immer, eine Pause vom Alltag – und den sozialen Medien.
Wer sich also nicht schrecken lässt vom Umrechnen und gern mal etwas und irgendwie doch traditionelles versuchen will, dem empfehle ich das Buch. Und nein, ein Rezept für Gefilte Fisch gibt es nicht – zum Glück.
JE-WISH
Reinvented Recipes from a Modern Mensch
Jake Cohen
Houghton Mifflin Harcourt
ISBN: 978-0-358-35398-0
19,99 €
Hi Juna,
wie fast immer ein genialer Buchtipp von Dir,
Ich werde mich da mal durchkochen….
Oh prima, wir können dann ja mal die Umrechnungen abgeleichen ;-) Viel Spaß!