Können Sie sich noch an das Besetztzeichen erinnern? Wann war das letzte Mal, dass ich es hörte, geduldig wartend, es dann und wann wieder versuchend? Die Nummer, die schon vor dem Ende des Wählens ihr Besetztzeichen ertönen ließ, ich weiß sie bis heute. Heute schaltet sich auch niemand mehr hinein, um aufzuzeichen. Oder vielleicht doch. Und können Sie sich noch errinnern, wie man erzählte, mit wem man so lange sprach, weil es doch die ganze Zeit besetzt war. Und manchmal hatte man doch einfach nur den Hörer daneben gelegt, weil man besetzt sein wollte. Nicht durch andere. Sondern sich selbst. Kein Stummschalten, das dann mahnend die entgangenen Anrufe zeigte. Einfach danebengelegt mit dem entschuldigendem „Oh, da habe ich wohl nicht richtig aufgelegt.“
Ich wünschte, ich hätte ein Besetztzeichen. Ein Besetztzeichen, das zeigt: Sie hat gerade zu tun. Zu tun mit anderem, mit sich selbst. Ein Zeichen, dass sagt, versuch es später nochmal. Vor mir liegt mein Handy. Ich habe es immer auf lautlos. es vibriert nicht. Es ist ein stilles Telefon und doch um so vieles lauter als die schäppernden Bakelitapparate meiner Kindheit oder das heimliche nächltiche Telefonieren mit dem nach 1989-Telefon, das Tasten und eine Beleuchtung hatte. Mein Telefon liegt vor mir. Manchmal vergesse ich, wo es ist. Es kommen keine Pushnachrichten. Und dennoch, die E-Mail, die Kurznachrichten haben den Raum übernommen, sie täuschen den den Raum des Briefes vor, sind aber doch vielmehr der Raum des Telefons. Prompte Antwort erwartet. Überhaupt Antwort erwartet. Erwartet ein ewiges immerwährendes Erreichbarsein. Pronto. ASAP. Sofort. Manch einer kann das, manch einer braucht das. „Warum antwortest Du nicht?“
Ich mag Pausen, die manchmal auch viel zu langen. Ein echter Brief wartet noch auf Antwort. Die Zeit dafür scheint vom „immer-erreichbar-Ding“ geraubt. Ich möchte den Brief genießen. Das Lesen. Das Schreiben. Ich möchte die Stille. Stille, um meine eigenen Worte wieder zu hören. Um mit ihnen spielen zu können. Sie verschieben im Raum meiner Gedanken. Anstupsen in eine andere Zeile. Neue Worte hinzuschweben lassen. So fühlt sich mein Schreiben an, die Tage und Stunden, bevor es hinausfließt. Doch dann klingelt es wieder. lautlos. Acht verpasste Anrufe, 16 Nachrichten in sechs Chats, vier SMS, sieben Direktnachrichten.
Ich brauche ein Besetztzeichen. Ein Besetztzeichen für das Leben. Den Hörer einfach mal danebenlegen. Das wäre jetzt gut.
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