Gleich vorweg. Dies wird kein Text zum Thema Schabbat. Was man darf, was man nicht darf. Wie wer etwas auslegt. Das wäre sicherlich spannend, nur zu anderer Zeit.
Ich möchte über das sprechen, was uns immer mehr fehlt, von dem aber so viele sprechen: Entschleunigung.
Ich bin nicht sonderlich traditionell, eigentlich gar nicht mehr. Ich halte keinen Schabbat, habe es eigentlich kaum in meinem Leben, da ich durch die äußeren Umstände daran gehindert wurde. Kurz: ich musst arbeiten. Unabhängig von den Wochen- und Feiertagen. Das Thema beschäftigt mich schon länger, immer wieder mache ich mir Gedanken dazu und ein klein wenig spielt vielleicht das schlechte Gewissen mit.(?)
Schauen wir doch einfach mal auf die Geschichte des Schabbat. Die Herkunft (historisch betrachtet) ist unbekannt. Die ersten Zeugnisse gibt es um 800 v.d.Z.. Es gab keine regelmäßigen Ruhetage für das Haus. Nicht für Mensch, nicht für Tier, nicht für Sklaven. Und dann kommt da so ein Volk daher und meint, jeder siebte Tag soll ein Ruhetag für alle sein. Revolution! Auch, wenn diese Tage im Kampf gegen die Assyrer, Ptolemäer, Antiochos nicht so sehr hilfreich waren, auch die Römer versuchten es am Schabbat. Dieses Volk war bekannt dafür, dass es an diesem Tag nicht kämpte. Dass das allerdings schon mit Matathias vorbei war und später Juden an einem Schabbat die Römer angriffen ist eine die spannende Geschichte der Gesetzesentwicklungen im Judentum. Man lernt eben irgendwann.
Heute halten wir es für selbstverständlich, dass es Wochenenden gibt. Die Ursprünge und Besonderheit dieser Idee sind nur wenigen bewusst. Vielleicht noch jenen, die eben keine freien Tage ein Mal wöchentlich haben können. Sie ahnen, welches Geschenk es ist, das beiliebe nicht jeder hat. Auch hier in diesem Land nicht. Heute werden diese freien Tage, Wochenenden, zu Einkaufstagen, Putztagen, Wäschetagen. Alles, was man unter der Woche nicht schafft. Und es macht uns krank. Wir haben eben jene Erholung nicht mehr, die doch eigentlich die Idee des Schabbat war. Es gibt Gründe, warum die verbotenen Arbeiten so festgeschrieben wurden, so rigoros erscheinen. Irgendwo muss man anfangen, irgendwie muss man die Menschen ausbremsen – sie selbst tun es so selten.
Und warum ich für einen bewussten Schabbat, Sabbat, Sonntag plädiere? Es ist egal, an welchem Tag der Woche er ist. Der Rabbi sagte einmal und ich habe es noch immer im Ohr:
Schabbat ist, wenn man Schabbat macht.
Halte ich die verbotenen Arbeiten? Nein, definitiv nicht. Halte ich mich an den Grundsatz Schabbat? Hmm. Ich beobachte Veränderungen an mir. Veränderungen, die es ich in dieser ständigen Reizüberflutung dieser Welt brauche: ich schalte das Telefon aus. Komplet. Ich muss nicht erreichbar sein. Nicht permanent. Ich will es nicht und es ist auch nicht nötig. Es führte bereits zu Diskussionen und Unverständnis. Ich bleibe dabei. Es tut mir gut. Ich arbeite konsequent nicht. Gerade für jene, die auch frei arbeiten, ist das wohl der schwierigste Part. Für mich auch. Die Arbeit wird nicht weniger. Dennoch. Nach etwas Überwindung habe ich erkannt, dass es auch nicht mehr Arbeit wird, wenn ich sie an einem anderen Tag mache. Was also mache ich noch an „meinem“ Schabbat? Ich putze nicht, ich mache keine Wäsche. Das E-Mail-Fach bleibt geschlossen. Push-Nachrichten habe ich schon lang ausgeschaltet. Ich lese schöne Dinge. Schlafe. Schreibe Briefe an liebe Menschen. Ja, ich schreibe. Briefe an Menschen, die mir wichtig sind, für die ich mir Zeit nehmen möchte. Ich lese in Blogs, über die ich nicht nur fliegen will. Ich nehme mir schlicht Zeit für die schönen Dinge. Ein Luxus. Eine Auszeit für das Schöne.
Schabbat Schalom – שבת שלום |
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