Ich sitze am Flughafen Amman, Jordaien. In gut einer Stunde geht mein Flieger zurück nach Europa. Drei Tage war ich hier. Drei Tage für ein Buch, das doch viel schneller gelesen war und drei Tage, die mir sagten, dass dieses Buch gelesen werden will – und muss: Odysseus aus Bagdad von Eric-Emmanuel Schmitt
Saad Saad, so heißt der Protagonist beschreibt sein Leben, sein Aufwachsen in Bagdad, die Diktatur, den Krieg, und vor allem und darum dreht sich dieses Buch, seine Flucht. Es ist ein stilles Buch, es kommt ohne Skandale, große Aufregungen aus und beschreibt dennoch eine Flucht in ein vermeintlich besseres Leben. Saad will nach London. Sein Ziel, das er verfolgt. Drei Jahre braucht er dafür. Drei Jahre, in denen er sich selbst verliert. Drei Jahre, in denen aus dem klugen jungen Jurastudenten jemand wird, der alles in Kauf nimmt und sein eigentliches Glück nicht mehr sehen kann. Er verfolgt das Ziel London mit einer Verbissenheit, als wäre es das Einzige, an dem er sich noch festhalten kann. Und er hinterfragt dieses Festhalten beim Aufschreiben seiner Geschichte.
Es ist ein gutes Buch, gerade in dieser Zeit, in der die Menschen so sehr vergessen, wie gut es ihnen geht. Welches Glück wir haben, geboren worden zu sein, wo wir geboren wurden. In Ländern mit Zukunft, ohne Krieg und mit einer Sicherheit. Hier am Flughafen, wo ich weiß, dass mein Flugzeug bald geht, am Flughafen, an dem ich wieder gewahr werden, welch Glück wir mit diesem roten Pass haben.
„Und da beginnt die Barbarei, Saad: Wenn man sich nicht mehr im anderen wiedererkennt, wenn Menschen zu Untermenschen gemacht werden, wenn Menschen nach Hierarchien geordnet werden und bestimmte Personen aus der Mehrheit ausgeschlossen werden. Ich habe mich immer für die Zivilisation und gegen die Barbarei entschieden. Und solange es Leute gibt, die ein ‚ein Recht auf‘ etwas und Leute die ‚kein Recht auf‘ etwas haben, solange herrscht Barbarei.“
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