Gedanken zur Kundgebung heute am Brandenburger Tor

Ich habe eine Weile überlegt, ob ich wirklich etwas dazu schreiben sollte. Zu dieser Kundgebung heute. Meine Zweifel und Gedanken. Ich habe überlegt, weil ich Verurteilungen entgehen wollte.

Nachdem nun heute morgen in der Süddeutschen Zeitung der Artikel Antisemitismus – Deutschlands fürchterliches Schweigenerschien, sehe ich, dass meine Gedanken geteilt werden. Das gibt Mut, zu schreiben. Schlimm genug, dass ich überhaupt Mut brauche, über das zu schreiben, was mich bewegt.

Es einige Probleme, die ich mit der Kundgebung heute habe. Eines gibt Thorsten Schmitz in seinem Artikel oben hervorragend wieder: Warum, muss so eine Kundgebung erst vom Zentralrat organisiert werden? Für mich erscheint es viel mehr als ein dadurch oktroyierte Pflichttermin für so manchen, der weiß, wann man was sagen sollte und müsste…tief drinnen aber…nun, die Erfahrung hat wohl schon jeder, nicht nur an Stammtischen gemacht. Tief drinnen aber sieht es anders aus. Das selbstauferlegte Verbot, Dinge zu sagen und dafür Dinge zu sagen, die nur Lippenbekenntnisse sind, sind die Crux unter der wir leiden. Auf diesen Promikundgebungen finden wir keine Wahrheit über Judenhass in Deutschland. Die finden wir mitten in der Gesellschaft. Diese Wahrheit ist erschreckend und wird es mit jedem Jahr mehr, sie ist nicht überraschend trotz allem. Resignation setzt ein. Doch es gibt sie, diese Funken, Lichter, die im Grauen erscheinen. Diese Funken und Lichter werden heute nicht wohlbeschützt auf der Bühne am Brandenburger Tor stehen. Sie erscheinen klein, werden nicht gesehen und sind doch die wichtigsten Menschen, die es in Europa gibt, wenn es gilt, den Hass zu bekämpfen. Und ich spreche vom Hass allgemein. Nicht nur den auf Juden, auch den auf die Flüchtlinge, die hofften, hier ein neues Leben beginnen zu dürfen, den noch immer schwelenden Hass auf Homosexuelle, auf Sinti, Roma. Es scheint, als brauche der Mensch etwas zum hassen.

Ja, man wird gesehen werden, heute auf der Demonstration und man wird sich sagen, dass man da war, und man wird sich fühlen als guter Menschen, und man wird Dankbarkeit erwarten. Es bleibt ein schaler Beigeschmack, solange solche Kundgebungen durch die Opfer organisiert werden müssen und die Realität, das Leben das Gegenteil beweist.

Nie wieder Hass, auf irgendwen. Stellt Euch schützend vor Opfer im wirklichen Leben. Einigen wir uns doch einfach darauf.

 

Eine Antwort

  1. Vielleicht interessieren Dich meine Gedanken, die ich zu der Demo und zu meiner Teilnahme gemacht habe: http://www.luftreich.twoday.net (AMC)

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