Ausstellungsbetrachungen: Fotografie in Berlin

Zwei Menschen beugen sich vor ein Foto in einer Ausstellung, um es anzusehen.

Museumsmenschen, ob nun privat oder beruflich, wissen: Es ist ausgesprochen angenehm, im November und Dezember Ausstellungen zu besuchen. Es ist meist leer, Mitarbeitende haben Zeit für das eine oder andere Wort und man kann dem Trubel der Stadtstraßen mit ihren Einkaufstaschenüberschwang entgehen.

So also ein paar kleine Empfehlungen für Berlin, nicht die großen, die finden Sie selbst. Im Museumsportal Berlin und unter PiB sind zudem reichlich Ideen für geruhsame Tage (oder auch Fluchtpunkte vor der Familie) zu finden. Lang genug habe ich an Feiertagen in Museen gearbeitet, um zu wissen, welch wichtige Funktion sie im Familienfrieden übernehmen können.

Zeitungsleser:innen. Fotografien von Eddy Posthuma de Boer

Caracas (Venezuela), 1983 © Eddy Posthuma de Boer

Das Museum für Kommunikation in Berlin zeigt bis zum 12. Januar 2025 in der obersten Etage eine amüsante Ausstellung mit 80 Fotografien von zeitungslesenden Menschen aus gut 50 Jahren. Der Pressefotograf Eddy Posthuma de Boer hat diese quasi als Beifang während seiner Arbeit überall auf der Welt aufgenommen. Eine wunderbare, leichte, überraschende Ausstellung, die auch etwas Trauer über ein einst so alltägliches fast verschwundenes Medium legt.

Museum für Kommunikation Berlin
bis 12. Januar 2025
Di 9 – 20 Uhr
Mi – Fr | 9 – 17 Uhr
Wochenenden, Feiertage | 10 – 18 Uhr
24., 25. und 31. Dezember und 1. Januar geschlossen
ab Januar 2025:
Di bis Fr | 9 – 17 Uhr
Wochenenden, Feiertage | 10 – 18 Uhr
jeden 3. Mittwoch im Monat | 9 – 20 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 4 €, bis 18 Jahre kostenlos, ICOM-Karten akzeptiert


Berlin im Blick. Fotograf:innen zeigen ihre Stadt

Dirk-Martin Heinzelmann: Begegnung, Alexanderplatz, 17. August 2015
 

Einen ganz anderen Weg ging die Stiftung Stadtmuseum, als sie aufrief, Fotografien von Berlin einzusenden. Das Ergebnis mit 70 Fotografien ist im Ephraim Palais zu sehen – wieder oberste Etage.

Nach unterschiedlichen Themen wurden hier die Arbeiten aus einigen Jahren zusammengestellt. Oben das gehört zum Thema Rhythmus. Neben den gehängten Fotografien haben Besuchende die Gelegenheit selbst zu kuratieren. Dazu wurden Fotografien auf kleine stabilen Karten produziert, die man selbst auf Tischen in den Räumen zusammenstellen kann.

Als selbst Fotografierende hat mich vor allem der Blick auf die Stadt inspiriert, die mir doch inzwischen so oft zu glatt und zu uninteressant für ein Foto erscheint.

Ephraim Palais – Stiftung Stadtmuseum Berlin
Bis 9. Februar 2025
Di – So | 10 – 18 Uhr (auch an Feiertagen)
Eintritt: 7 Euro (Einzel-Ticket) | bis 18 Jahre kostenlos | ICOM-Karten akzeptiert


Dirk Reinartz: Kein schöner Land …

„Lange Leitung im Osten. Für viele sind westberliner Telefonzellen das Ohr zur Welt“, Glienicker Brücke, Berlin 1991, aus der Reportage Warteschleife in ZEITmagazin 33/1991 © Dirk Reinartz Archiv, Stiftung F.C. Gundlach + Deutsche Fotothek Dresden

Mein persönliches Highlight zum Schluss. Dirk Reinartz ist eine Entdeckung für mich, auch der Freiraum für Fotografie, den ich zwar länger schon wahrnahm, aber nie besuchte. Wie de Boer war Reinartz Pressefotograf, gab aber seine feste Anstellung auf, um freier arbeiten zu können – und nicht mehr reisen zu müssen. Zu sehen sind Arbeiten aus mehreren Serien. Der Titel passend, humorvoll und dennoch konkret ernst.

In den Veröffentlichungen zur Ausstellung wenig erwähnt, eine Serie von ehemaligen Konzentrationslagern. Hier lohnt allerdings vor allem ein Blich in den umfangreichen Katalog.

Mit Reinartz kann man reisen – auch und vor allem im eigenen Land. Hier ist besonders der Diavortrag zu empfehlen. Nehmen Sie sich die Zeit dafür!

f³ – freiraum für fotografie
Bis 2. März 2025
Mi – So | 13 – 19 Uhr
Geschlossen: 21. – 26. 12. + 30.12. – 1.01.25
geöffnet: 27. – 29. 12. 2024, 13 – 19 Uhr
Eintritt: 6 €, erm. 4 € | keine ICOM-Karten akzeptiert


Foto oben: Juna Grossmann: In der Ausstellung „Dirk Reinartz: Kein schöner Land …“ im Freiraum für Fotografie


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