Ausstellungsbetrachtung: Besides Beauty

20. November 2023

In all dem Schrecklichen vergesse ich so oft die Kunst, zu oft die Kunst. Und dabei kann sie gerade jetzt helfen, den Geist zu beruhigen und sei es nur für den Moment. Der Moment, als ich mich in den Bildern von „Besides Beauty“ in Friedrichshain verlieren konnte.

Es ist eine kleine, fast zarte, überaus beruhigende Ausstellung, die am 17. November in der Alten Feuerwache Friedrichshain eröffnete. Mit Stefan Berg, Jens Liebchen, Kathrin Linkersdorff und Mirjana Vrbaš ki werden hier die Arbeiten von durchaus namhaften Künstler:innen gezeigt. Ein Gang durch einen großartigen Raum.

Die Alte Feuerwache Friedrichshain ist ein Juwel an Räumlichkeiten, die zum Glück für die kommunale und damit nicht kommerziell ausgerichtete Kultur gerettet werden konnte. Neben dem Projektraum, in dem sich die Ausstellung befindet, ist hier Jugendklub, Bühne und mehr zu finden. Kurz: Ein Kulturhaus.

Kathrin Linkersdorff | re-naissance

In den Nachrichten zur Ausstellung sieht man vor allem die Arbeiten von Kathrin Linkersdorff, die zuletzt in der Ausstellung „Flowers Forever“ in der Kunsthalle München von sich reden machte. Hier waren ihre entfärbten Blüten zu sehen, die die Fragilität dieser Wunderwerke auf ganz besondere Weise sichtbar machen. Anders in Berlin. Die hier gezeigten Arbeiten sind etwas älter und zeigen Verblühtes in seiner ganzen Schönheit. Sie stammen aus der Serie re-naissance aus dem Jahr 2014. Anders als die Blüten ihrer anderen Arbeiten beschäftigte sie sich hier mit Fruchtkapseln, das nächste Schönheitsstadium.

Kathrin Linkerdorff: http://www.kathrinlinkersdorff.com/re-naissance/

Jens Liebchen | System

Nicht ganz so fragile Objekte zeigen die Arbeiten von Jens Liebchen, die er ebenfalls 2014 unter dem Titel System veröffentlichte. Die Bäume, die sich in der weißen Schneelandschaft wie hineingeschnitten ausmachen, sind ja vielleicht auch das. Nichts hier ist Natur. Schaut man genau, kann man den Verkehr Tokios wahrnehmen. Und trotz Schneegestöber möchte man, möchte ich in diesen Bildern bleiben, da sie eine Ruhe und Konzentration ausstrahlen, die viel zu selten in unseren Tagen zu finden ist. Tipp: an der Säule vor diesen Fotografien findet sich das Buch zu den Arbeiten.

Mirjana Vrbaški | Verses of Emptiness

Mirjana Vrbaški: Tamar (2013), C-Print, 100 x 133 cm, Edition 3 + 2AP

Ganz anders und ohne Pflanzen durchbrechen die Arbeiten von Mirjana Vrbaški den Raum. Von ihr wurden Porträts aus ihrer ersten Serie Verses of Emptiness aus den Jahren 2010-1013 ausgewählt. Ich muss gestehen, so ganz verstehe ich die Zusammenstellung nicht, gerade ihre aktuellen Arbeiten beschäftigen sich mit Natur. Dennoch nähern sich die schwarzen Hintergründen der gezeigten Fotografien dem letzten der hier vorgestellten Fotograf:innen und damit auch dem Kurator der Ausstellung an:

Stefan Berg | Pflanzenstudien

Die überaus sachten Abbildungen Stefan Bergs Pflanzenstudien befinden sich nicht an den Wänden, sondern im Raum. Mein erster Impuls waren Harold Feinsteins späte Pflanzenarbeiten, die er aufgrund mangelnder Bewegungsfreiheit im Alter mit einem Scanner erstellte und im hohen Alter damit überaus erfolgreich wurde. Mein Impuls war richtig, auch Stefan Berg hat seine Pflanzenstudien mit einem Scanner erstellt – dabei aber auch ihre Bewegung aufgefangen. Anders als bei den anderen Künstler:innen dieser Ausstellung handelt es sich hier um aktuelle Werke. Doch letztlich sind sie alle Zeitlos und lassen uns in den Zeiten von offenbar immer größerer Umweltzerstörung über die Natur – abseits der Schönheit nachdenken. So hoffe ich.