1. Nachricht von Michael:
Ich war 1989 wegen versuchter Republikflucht, nachdem das Urteil rechtskräftig war, im JH-Halle inhaftiert. Die beschriebene Kantine sah von außen aus wie eine Kaufhalle. Ein- und Ausgang waren getrennt und Sonntags gab es zum Frühstück Brötchen. Ich war im Block 4 und musste im Keller Kabel für Tauchsieder montieren. Während der Zeit des Zugangs mussten wir schwere Wäschesäcke vom und zum Block 1 schleppen. In der Baracke neben dem Kiosk war auch eine Bücherei. Im Block 2 war im 1.Stock der Sani-Bereich, den ich im Oktober kennenlernte nach Misshandlung durch einen Schließer für ca.2 Wochen. Seit dieser Zeit leide ich am PTBS und bekomme seit 2009 EU-Rente. Nachdem ich im November 89 vorzeitig entlassen wurde, durch die Amnestie für politisch Inhaftierte, musste ich mich sofort wieder in ärztliche Behandlung begeben. Ich war 2012 dort und als ich davor stand musste ich heulen und sah auch dass bis zum Block 4 alles saniert wurde. Meine „Schlafzelle“ war oben im vierten Stock ganz rechts.Wenn ich mich richtig erinnere waren wir zu 10 oder 12 in einem Raum. Ich hatte das obere Doppelstockbett und die Stahlrohre waren Nachts mein Aschenbecher, da sie oben offen waren.
Ehemaliges Schild zum Arbeitseinsatz Gefangener im JH-Halle, gefunden im Keller Block 1 |
2. Nachricht von Michael:
Gestern Abend kam auf 3Sat eine Sendung über Gefangene die im Knast für den Westen arbeiten mussten, und da kamen bei mir sofort die Erinnerungen wieder hoch. Ich hatte deshalb auch wieder eine schlaflose Nacht. Ich hatte nach 2008 einen Antrag auf Haftschaden gestellt durch die Verletzung am Unterschenkel und wegen dem PTBS und musste nach Würzburg und Kassel zu Gutachtern (Ebbinghaus in Würzburg und Koch in Kassel) und beide Gutachten sind gegen mich ausgefallen. Dadurch das ich unter die Amnestie gefallen war, bin ich auf der einen Seite froh der Hölle in Halle entkommen zu sein aber auf der anderen Seite habe ich keine 6 Monate voll um die Opferrente zu bekommen. Ich kann einmal im Jahr einen Antrag bei der Stiftung für ehemalige politisch Inhaftierte in Bonn stellen und bekomme jedes Jahr 300 Euro weniger an Stiftungsleistung…….im Juli diesen Jahres waren es noch 1550,-€ und nächstes Jahr werden es 1250,-€ sein. Das Unrecht geht auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung weiter und ich wollte am Mittwoch die Merkel und Ramelow in Leipzig deswegen ansprechen aber kam gar nicht an sie ran,da ich auch die Fahrt von Erfurt nach Leipzig über die neue ICE-Strecke gewonnen hatte über den MDR. Und die beiden standen nur 10 m von mir entfernt.
In Halle haben wir täglich gesehen wie die Jugendlichen in Block 3 von den Schließern auf dem Hof schikaniert wurden denn ich war 18 Jahre und kam zu den “alten”. Wir haben im Oktober Arbeitsverweigerung und Hungerstreik gemacht als wir gesehen haben. wie die Botschaftsbesetzer in Prag ausreisen durften und dafür kam ich in den Bunker im Block 1. Wir waren zu zweit in einer 1 Mann Zelle und das Bett war hoch geschlossen und vor der Toilette war eine Gittertür. Wir mussten den ganzen Tag stehen und Nachts haben wir abwechselnd geschlafen da ja nur eine Pritsche da war.
Am zweiten Tag ging die Tür auf und der Schließer sagte es gäbe 3 Möglichkeiten: die erste ihr Arbeitet wieder………….die zweite ihr esst und arbeitet wieder………..oder die dritte ist, ich lasse mir etwas für euch einfallen.
Mein Mitgefangener sagte, dass die ersten beiden nicht in Frage kommen und er davon nicht hält…………darauf ging die Tür zu und kurze Zeit später kam das Schwein wieder mit einer Art Knebelkette (Handschellen an einer dicken Kette) und fesselte ihn damit. Er zog ihn daran auf den Flur und warf ihn zu Boden und zog ihn an der Kette den Flur entlang und brach ihm dabei beide Handgelenke!!!!!!!!! Torsten schrie wie am Spieß und diese Schreie verfolgen mich seit dem Tag für Tag und ich brach zusammen.
Als ich wieder wach wurde war ich im Sani-Bereich und an Infusionen angeschlossen. Ich habe Torsten nie wieder gesehen. Ich dachte immer das sowas nur unter Nationalsozialisten möglich gewesen wäre. Als ich im November frei kam und das alles meiner Familie erzählte sagten sie ich solle Montag in die Stadtkirche zu den Montagsdemos und den Teilnehmern davon berichten. Aber ich konnte nicht denn die Stasi war allgegenwärtig!!!
Aufgrund meines Gesundheitszustandes war ich einer der ersten der Freigelassen wurde und 1992 wurde ich durch das Gericht rehabilitiert. Der Staatsanwalt von damals hat heute noch die gleiche Funktion………das Schwein hat scheinbar kein Gewissen und er dürfte mir nicht über den Weg laufen …………zu verlieren habe ich nichts mehr. Bekomme seit 2009 EU-Rente und Grundsicherung vom Sozialamt bis ich 67 bin…………..ist das noch ein Leben ?? Ich bin 44 Jahre alt.
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